Sonntag, 28. Oktober 2018

[Rezension] Vox - Christina Dalcher

Vox - Christina Dalcher
(Copyright by S.Fischer Verlage)

16.08.2018¦ Fischer¦ 256 Seiten ¦ EB ¦ Deutsch ¦ 16,99€  ¦Dystopie¦ Frauen ¦ Vox


Hundert Wörter am Tag – bei jedem Wort mehr gibt es einen Stromschlag. Ausgesendet von einem Wörterzähler am Handgelenk.
Soviel Wörter dürfen Frauen und Mädchen in den USA der Zukunft von sich geben.
Für Männer und Jungen gilt die „100-Wörter-am-Tag-Regel“ nicht.
Wenn Mädchen und Frauen versuchen diese Regel mit Zeichensprache oder Schrift zu umgehen folgt ebenfalls eine Bestrafung.,
Im schlimmsten Fall kommt es zu Arbeitsdienst und die Einweisung in ein Lager für unbeugsame Frauen. Sex vor der Ehe ist tabu, Heterosexualität die Norm, jede Abweichung davon wird bestraft.

Die ehemals anerkannte neurolinguistische Wissenschaftlerin Jean musste aufgrund der neuen Gesetze ihren Job aufgeben und hütet von nun an ihre vier Kinder. Das Führen des Haushaltes und das Gebären von Kindern gehört zu dem Alltag der Frauen – für alles andere sind sie nicht vorgesehen und entspricht nicht ihrer „wahren Bestimmung“.
Als jedoch der Bruder des Präsidenten an dem Wernicke-Syndrom erkrankt, wird Jeans Fachkompetent als Neurolinguistin benötigt.
Für kurze Zeit wird sie ihren Wörterzähler los, jedoch verlangt sie, dass auch ihre kleine Tochter ihn abgenommen bekommt.

Die Thematik klingt super spannend. Unsere heutige Gesellschaft wird immer mehr von Feminismus geprägt und der Patriarchat rückt immer mehr in den Hintergrund.
In diesem Szenario wird die Frau als Etwas Minderwertiges angesehen, die jedes Recht auf Meinungsfreiheit, Selbstbestimmung usw. verloren hat.
Ehemänner, Väter und Söhne sehen diese Art der Gesellschaft als selbstverständlich an.
Auch Patrick, Jeans Mann, obwohl beide sich in einer unbeschwerten Zeit kennen und lieben gelernt haben, als den Frauen ihre Grundrechte noch nicht abgesprochen worden sind.
Die Indoktrination der Jugend erinnert an erschreckende Persönlichkeiten in der Geschichte, oder an diktatorische Gesellschaften, auch noch in der heutigen Zeit.
Ob es hier nun Frauen sind, die in ihren Rechten beschnitten werden, ist nur als Symbol für mögliche andere „Gruppen“.
Es hätten genauso gut Religionen, Hautfarben, Nationalitäten etc. sein können, die die Autorin für ein solches Szenario hätte wählen können.
Der Grundgedanke von „Vox“ hat mich direkt angesprochen. Eine Thematik die durchaus Potential für ein wichtiges und gut geschriebenes Buch hat.
Jedoch hat Christina Dalcher die Geschichte des neuen Amerikas viel zu schnell erzählt.
Ereignisse passieren viel zu schnell und zu holprig. Manchmal fehlte mir die Logik der überschlagenden Ereignisse.
Selten ging die Autorin mit ihren Gedanken in die Tiefe, so das Problematiken nur kurz angeschnitten worden sind.
Das Ende verlief mir zu sprunghaft und die Personen wirkten auf mich lieblos und charakterlos.
Jeans Affäre mit Lorenzo war irgendwie seltsam instrumentalisiert und blieb für mich sehr blass. Ihr Versuch sich gegen das System zu stellen wirkt leider auch nur wie ein Versuch.
Sie denkt an Lorenzo und ihre Liebesaffäre, während die Frauen in ihrer Umgebung zu Grunde gehen. Das hat sie mir wirklich unsympathisch und dämlich erscheinen lassen.
Eine Geschichte, mit viel Potenzial, hat mich durch die lahmen Charaktere nicht überzeugen können.

Freitag, 19. Oktober 2018

[Rezension] - Der Abgrund in dir - Dennis Lehane




Rachel Childs ist ohne Vater aufgewachsen. Er verließ die Familie, als sie drei Jahre alt war.
Sie weiß nicht viel von ihrem Vater, nur dass er ein Kunstgeschichtsdozent an einer Uni ist, an welcher, weiß sie nicht.
Ihre Mutter, eine bekannte Psychologin, möchte sich zu den Fragen, die Rachel über ihren Vater an sie stellt, äußern. Immer wieder hört sie von ihr dieselbe, unbefriedigende Antwort:
„Er will nichts mit uns zu tun haben. Und das ist in Ordnung, Liebling, weil wir ihn nicht brauchen, um uns zu definieren. “ 
Für die Mutter mag dieser Satz zutreffen, für Rachel nicht.
Nach dem plötzlichen Unfalltod von Elizabeth Child, setzt Rachel ihre Suche nach der Identität des Vaters fort.


Der Abgrund in dir – erschien erstmals im Original unter dem Titel Since we fell 2017.
Den Namen "Dennis Lehane" dürfte den meisten bekannt sein, vor allem nach Buchverfilmung "Shutter Island".
Ich hatte sehr hohe Erwartungen an seinen neuen Roman.
Rachel Childs als Protagonistin ist eine starke Frau, die zuächst eine steile Karriere als Reporterin hinlegt.
Nach einem verheerenden Erdbeben in Haiti, bei dem die Reporterin vor ist und schlimme und menschenunwürdige Ereignisse mitbekommt, wird sie von Panikattacken und Angstpsychosen geplagt.
Ihr Mann lässt sich von ihr scheiden, sie verlässt so gut wie nie das Haus, ihr Leben geht förmlich den Bach runter.
Doch sie begegnet erneut Brian Delacroix, der ihr schon als Detektiv bei der Suche nach ihrem Vater geholfen hat. Sie verlieben sich und endlich hat Rachel wieder Hoffung, ein "normales Leben" führen zu können. Doch mit der Zeit muss sie leider feststellen, dass sie ihren Mann gar nicht wirklich kennt und er ein andere Mensch zu sein scheint als er es vorgibt.

Aufgebaut wie eine klassische Tragödie, konnte mich Der Abgrund in dir als solche überzeugen.
als Thriller oder Spannungsroman eher weniger.
Es war ganz klar ein Page Turner, jedoch konnte mich die "Auflösung" und das Ende überhaupt nicht überzeugen. Die Entwicklung der Protagnistin fand viel zu schnell statt und war für mich sehr unplausibel und unlogisch.
Das Ganze war doch sehr weit an den Haaren herbeigezogen und nicht auf gute Art und Weise, wie beispielsweise bei Shutter Island .

Der Abgrund in dir
beginnt sehr stark und verleirt ab der Hälfte des Buches die innere Konsistenz und möchte zu viele Themen und zu viele Wendung gleichzeitig in einer Geschichte vereinen.

Dennoch hat es mir Spaß bereitet es zu lesen, weil ich ständig wissen wollte wie es weitergeht.
Es war ein Page Turner, aber leider mehr auch nicht.