Sonntag, 26. November 2017

[Rezension] Leere Herzen - Juli Zeh




13.11.2017 ¦ Luchterhand  ¦ 352 Seiten ¦ HC ¦  Deutsch ¦ Roman  ¦ 20,00€ ¦ Einzelband 

Wir befinden uns in Deutschland im Jahre 2025. Die Menschen leiden unter Lethargie und Politikvedrossenheit. An der Macht ist die rechtsorientierte "Besorgte-Bürger-Bewegung", kurz  "BBB". Ohne großen Widerstand zerbricht die Demokratie und keinen scheint es zu stören. Die Mehrheit der Bevölkerung würde sich eher für eine Waschmaschine entscheiden, als für das Wahlrecht. Britta Söldner lebt mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter Vera in Braunschweig. Gemeinsam mit ihrem Freund und Geschäftspartner Babak betreibt sie eine Praxis namens "Die Brücke". Hinter dem Namen steckt offiziell eine psychologische Beratungspraxis, die selbstmordgefährdeten Personen zurück ins Leben helfen soll. Doch es steckt eine perfide und äußerst lukrative Idee hinter der "Brücke", das Geschäft mit dem Tod.  Potentielle Selbstmörder sollen nicht geheilt werden, sondern an Organisationen vermittelt werden.
Bisher lief alles gut, doch scheint es nun Trittbrettfahrer zu geben, die mit Britta und Babaks Idee ganz andere Pläne verfolgen. Die beiden stehen in Zugzwang und müssen sich entscheiden.

Mit ihrem schlichten und eindringlichen Schreibstil erschafft Juli Zeh eine dystopische Zukunftsvision, von der wir uns gar nicht weit entfernt bewegen. Politikverdrossenheit scheint hier an der Tagesordnung zu sein und ist auch in unserer gegenwärtigen Gesellschaft vorzufinden. Wir bewegen uns außerhalb unserer Komfortzone und werden mit unbequemen Denkanstößen konfroniert. Der Leser fragt sich inwieweit diese Zukunft tatsächlich so existieren kann und die Antwort ist ganz klar, solange die Menschen wegschauen und sich nicht um politische Belange und Sorgen kümmern und es anderen überlassen ist diese Entwicklung der Gesellschaft nicht auszuschließen. Die Wahlergebnisse der Bundestagswahl haben es gezeigt. Ich würde den Roman eher als Polit-Thriller deklarieren. Wir werden immer weiter in das Geschehen gesogen und es ist schier unmöglich mit dem Lesen aufzuhören. Die Protagonistin Britta ist keine Symphatieträgerin, sie scheint unnahbar und unterkühlt. Dennoch begleiten wir sie und fiebern mit ihr mit. Der Roman ist radikal und schlägt wie eine Faust direkt ins Gesicht. Es wird nichts beschönigt - der Leser wird nicht verschont und bekommt alles so wie es in Zukunft sein kann vorgesetzt. Es gibt Anspielungen auf heutige Spitzenpolitiker aus aller Welt. Dadurch scheint es keine Dystopie mehr zu sein sondern eine realitische Vision, die den Lesern die Scheuklappen abnimmt. Daten werden auf perfide Art und Weise ausgewertet und man fragt sich, wo sich online überall Spuren von einem befinden und wer alles darauf problemlos zugreifen kann.
Juli Zeh ist eine begnadete Autorin im deutschsprachigen Raum und hat es auch mit "Leere Herzen" geschafft, die Leser zu erreichen.
Überraschend, intelligent und absolut lesenswert.

Werbung: Bei diesem Buch handelt es sich um ein Rezensionsexemplar, welches ich vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen habe.

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